Lifestyle

#Noleftover

4. Mai 2016

Das hier ist vielleicht ein etwas anderer Blogpost, eine etwas nachdenklichere Seite von mir. Vielleicht ist mit der Artikel gerade deswegen so wichtig und ich versuche gerade, die Gedanken aus meinem Kopf so gut es geht zu ordnen – und für euch abzutippen. 

Ich reise ja bekanntlich sehr gerne und sehr viel, habe schon großartige Teile der Welt gesehen und vor allem grandiose Menschen kennengelernt. Während Toko sich eher bei der Planung einer neuen Reise um tolle Fotospots kümmert, bin ich die Essensbeautragte und kümmere mich mehr um die Kultur des Landes. Und gerade hier setzt mein heutiger Post an. Denn eine Kultur, die mich nachhaltig beeindruckt hat, ist die asiatische.

Die China-Tour 2014 und zwei HongKong-Reisen später, würde ich immer wieder dort hinreisen. Vor allem Hongkong hat mich begeistert, staunen lassen, hat mich geprägt.

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Weil der Mix aus asiatischem Leben und westlichen Einflüssen so spannend ist. Das Essen ist so viel besser und gesünder, als bei uns (und billiger) – aber vor allem sind die Menschen einfach unfassbar freundlich. Die Chinesen haben mir, egal wo ich auch unterwegs war, immer versucht zu helfen. Auch, wenn ich nicht aktiv nach Hilfe fragte und einfach nur planlos durch die Gegend starrte. Toko und ich haben binnen eines Tages Freunde in Hongkong gefunden, die uns spontan auf eine eintätige Instagram-Tour in ihrem Auto mitnahmen. Erlebnisse, die man nicht so recht beschreiben kann – weil man sie erleben muss.

Umso trauriger stimmt es mich, dass einige kulturelle „Standards“ innerhalb der Landesgrenzen festgefahren sind. Während man sich in Hongkong sehr fortschrittlich ist und man eben aufgeschlossen gegenüber unserer Welt ist, habe ich das in den Teilen Chinas nicht so erlebt. Ein kleines Beispiel: Englisch ist hier, selbst in Peking oder Shanghai an den großen Touri-Spots, einfach Fehlanzeige. Diverse soziale Medien und Websiten sind gesperrt und für uns nur über VPN-Verschlüsselung erreichbar. Man hilft sich buchstäblich mit Händen und Fügen (und Auf-Dinge-Zeigen) weiter. Was auch gut klappt, aber ein bisschen hinter der Zeit ist. Was aber viel mehr hinter der Zeit ist, als irgendwelche Social-Media-Schranken, sind sperrige Gedanken.

#Noleftover

leftover

Denn wusstet ihr, dass man in China Frauen, die ab einem bestimmten Alter noch Solo sind, als „Leftover“ bezeichnet? Also als übrig gebliebene „Ware“, die nicht mehr gut aussieht, gut verkäuflich ist, gut ankommt,

Es macht mich wütend, denn diese Menschen sind genauso herzlich und liebenswert, wie ihr jüngeres Ich. Sie haben Höhen und Tiefen schon erlebt, sind durch ganz persönliche Dramen gegangen, haben geliebt und gelitten. Und sollten nicht als etwas betitelt werden, was man in den Müll schmeißt! Das Festgefahrene Rollenbild wird überraschender Weise nicht nur von Männern weitergegeben, sondern auch von den Eltern der Frauen. Dabei versuchen chinesische Frauen gerade in der heutigen Zeit, sich zu emanzipieren und zu verwirklichen. Sie sind starke Frauen, die auch jenseits der Jugendschönheit respektvoll behandelt werden sollten. Die nicht Angst haben sollten vor jedem Geburtstag, der sie näher an die „Leftover“-Grenze bringt.

Besonders krank in meinen Augen: In China fängt die Grenze mit 27 Jahren an!

Danach bist du Restware. Die Resterampe, die einfach keinen abbekommen hat. Das Schlusslicht, das zu hässlich, zu verbohrt, zu komisch ist, um einen Partner zu finden. Für mich also in etwa einem Jahr schon der Fall – dabei fühle ich mich noch lange nicht erwachsen und vor allem noch lange nicht „übrig geblieben“.

 

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Die Kampagne der Kosmetik-Marke SK-II will nun per Video auf dieses Ungleichgewicht aufmerksam machen. Was ich nur unterstützen kann. Schaut euch den Clip „Marriage Market Takeover“ am Ende dieses Artikels und das dazugehörige Making-of mal an – ihr werdet vermutlich so wie ich kopfschüttelnd am Rechner sitzen. Diese jungen Frauen sind gebildet, sie sind voller Lebenslust, sind höflich und hübsch. Und werden trotzdem stigmatisiert durch die Gesellschaft. Von den eigenen Eltern wird ihnen gesagt, dass sie Nichtsnutze sind – nur weil sie keinen Mann haben. Der Leftover-Begriff ist sogar im Chinesischen Lexikon zu finden – und daher nur schwer aus den Köpfen der Menschen zu bekommen.

Trotzdem (oder gerade deswegen) muss man den Kampf antreten und die Chinesinnen ermutigen, nicht den Wünschen ihrer Eltern gerecht zu werden, sondern sich selbst an erste Stelle zu setzen! Denn vielleicht WOLLEN die Frauen noch keinen Ehemann, keine Beziehung, keine Bindung. Es ist ihr gutes Recht, NEIN zu sagen. Und sich trotzdem wertvoll zu fühlen. Sie sind kein Leftover-Food. Sie sind genauso kostbar, wie jeder einzelne von uns auch. 

*In Kooperation mit SK-II

2 Comments

  • Reply Jana 11. Mai 2016 at 19:08

    Ich habe darüber auch letztens einen Bericht im TV gesehen und es hat mich wirklich schockiert.
    Ich musste einfach daran denken, dass ich vor etwa 3 Jahren mal einen anonymen Kommentar bekam, in dem ich gefragt wurde, ob ich denn keine Angst hätte, alleine zu enden oder das nehmen zu müssen, „was übrig bleibt.“ Ich war damals 21, noch nicht einmal ein Jahr lang von meinem Ex getrennt, mit dem ich ja immerhin 4 Jahre zusammen war und fand das Ganze so absurd, dass ich niemals auf die Idee gekommen wäre, dass gleich eine ganze Kultur so denkt…

    • Reply Eileen 16. Mai 2016 at 15:58

      Geht mir ähnlich. Ich meine – ich fühle mich mit fast 26 Jahren noch immer irgendwie wie 13. Und sehe mich manchmal als Teenager, der von der großen weiten Welt nicht wirklich Ahnung hat und noch lange nicht an Hochzeiten denkt. Ich frage mich wirklich, wie man auch als Elternteil sein eigenes Kind so niedermachen kann und einem Werte vermittelt, die keine sind.

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