Dass ich nicht für immer in meinem Dorf namens VOERDE wohnen bleiben wollte, war mir schon früh klar. Dass ich aber jetzt schon seit über vier Jahren in Berlin wohne – damit hätte ich nie gerechnet. Warum auch? Über die Zukunft habe ich mir ehrlich gesagt nie groß Gedanken gemacht. Bis sie plötzlich mit beiden Fäusten an die Tür hämmerte – und mich in die Großstadt herauszog.
Ich wurde schon oft von euch Lesern oder auch Menschen auf der Arbeit gefragt, wie es mich nach Berlin verschlagen hat. Und zu meinem Job bei der Bildzeitung. Deswegen gibt’s heute einen sehr ausführlichen Post über meine Liebe zum Texten und meinem Weg in die Hauptstadt. Oder auch: Wie ich auszog, um die Welt zu entdecken und nun Cola-trinkend auf diese Entscheidung zurückblicke.
Die Idee zu diesem Beitrag kam mir in Zusammenarbeit mit den FriXion Colors von Pilot. Die Stifte habe ich in diversen Farben zugeschickt bekommen, um damit für euch – und ehrlich gesagt auch für mich – meine Berlin-Entscheidung begleitend zu bebildern. Indem ich aufmale, welche Motivation mich vor über vier Jahren schon auf meinem Weg begleitet hat. Die FriXion Colors haben übrigens einen entscheidenden Pluspunkt, den es wie ein schönes Sprichwort besagt, im wahren Leben nicht gibt: Sie sind ausradierbar. Habe ich mich also mal grundlegend vermalt, kann man sie mit dem Radiergummi in der Kappe wegwischen.
Gemeinsam mit Pilot nehme ich mit diesem Artikel an der Kampagne „Deine Story – Mach‘ doch was Du willst“ teil. Weil ich es schön finde, auch solche persönlichen Entscheidungen mit euch zu teilen. Und weil ich auch gerne von euch hören bzw. lesen möchte, welche wirklich wichtigen Entscheidungen ihr schon getroffen habt. Egal ob besonders mutige Entscheidungen oder kleine Abwandlungen des Alltags – posaunt es in die Welt hinaus. Veröffentlicht ihr eure Story auf pilot-deine-story.de, könnt ihr außerdem noch Gewinne abstauben.
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EVERYTHING HAPPENS FOR A REASON
Seit ich denken kann – und halbwegs klare Gedankengänge habe (also alles jenseits von „Sandkuchen schmeckt bestimmt ganz lecker“), liebe ich das Schreiben. Ich habe in der Grundschule mein Diddl-Tagebuch über alles geliebt, es immer woanders versteckt und all meine Schwärmereien akribisch aufgeschrieben. Gut, heute bin ich froh, dass aus Dennis aus der 1B und mir kein Langzeit-Paar geworden ist. Denn seine Kurzfrisur mit zippeligem (!) Pony trägt er heute noch. 20 Jahre später. Meinem Tagebuch vertraute ich aber an, dass ich das damals verdammt cool fand. Zum Ende der Grundschule erweiterte ich mein Geschreibsel dann um die Schülerzeitung. Während einer Projektwoche zum Thema „Indianer“ erstellte ich mit meiner Grundschulfreundin die Indianerzeitung. Denn mit Ton auf der Erde rumkraxeln wollte ich nicht. Ich wollte Texten. Ich wollte Berichte schreiben. Ich wollte erzählen, dass andere mit Ton matschen, als selbst daran teilzuhaben.
Während der Grundschule wollte ich übrigens noch Lehrerin werden. Denn dass meine Karriere als Sailor-Kriegerin wohl karrieretechnisch mau ausfallen würde, war mir schon damals bewusst.
Auf dem Gymnasium änderte sich der Berufswunsch dann. Ich wollte AUF GAR KEINEN FALL jeden Tag mit Kindern und tickenden Pubertäts-Zeitbomben zusammenarbeiten. Zu sehr trieben wir unsere Lehrer in den (gut gemeinten) Wahnsinn. Ich hatte keinen neuen Berufswunsch im Kopf. Nichts konkretes zumindest. Ich wusste nur: Ich will nach wie vor etwas beruflich machen, wo ich hauptsächlich Texte schreibe und Geschichten zum Leben erwecke. Vielleicht entschied ich mich auch deswegen für das „Hausfrauen-Abi“ Deutsch/Pädagogik: Hauptsache viel Text und wenig Zahlen ;). Das mit Mathe und mir, das war noch eine viel klischeehaftere Hass-Beziehung, als es blöde Witze im Internet sich jemals ausdenken könnten.
Nach dem Abi habe ich noch nicht direkt studieren wollen – denn ich wusste nicht so genau, welches Studium zu mir passt. Klar, „Etwas mit Medien“ halt. Aber dieses „Etwas mit Medien“ ist zum Mainstream-Strom meiner damaligen Jugend geworden und so habe ich erst mal ein Freiwilliges Soziales Jahr Kultur gemacht. (Okay, das klingt jetzt, als sei ich wirklich alt. Aber ich muss mir wohl eingestehen, dass ich auf dem Papier mittlerweile erwachsen bin.)
Das FSJ Kultur war, rückblickend, das Beste, was mir passieren konnte. Ein Jahr lang umgeben von großartigen, kreativen jungen Menschen aus ganz Deutschland. Zwischen Weinflaschen und Zigarettenpausen unterhielten wir uns über Gott und die Welt (Ja. Buchstäblich.) und auf Seminaren lernte ich mich sehr gut selbst kennen und einschätzen. Dass ich z.B. recht naiv bin, immer eher positiv denke und ans Karma glaube. Wenn mich ein Songtext-Zitat seit 2010 begleitet, dann ist es dieses: EVERYTHING HAPPENS FOR A REASON. Danke an dieser Stelle an Limp Bizkit fürs Einbinden in einen ihrer großartigen Songs.
Alles passiert aus einem Grund. Also wird am Ende schon alles seine Richtigkeit haben. Weswegen ich das FSJ Kultur auf mich zukommen ließ und damals sehr, sehr viel schrieb. Ich kümmerte mich um Öffentlichkeitsarbeit, um Social Media, um Pressemitteilungen und Events rund um das Kulturhauptstadtjahr 2010. Das alles in Dinslaken, der Stadt neben meinem Heimatdorf V0erde. Also immer noch im beschaulichen NRW, auf dem Land am Niederrhein, wo es die besten Dorfpartys und die schlimmsten Alkohol-Mischungen gibt.
Während des FSJ war ich 19 – das ist also sieben Jahre her. (Himmel, bin ich alt!) Und ein ganz entscheidendes Ereignis war geboren: DIESES BABY HIER. Im Juli 2010 erschufen Ilka und ich „Ein Zimmer voller Bilder“ und seitdem wurden hier über 1.170 Posts veröffentlicht. IRRE! Ich hatte also mit Ilka etwas Eigenes, um Gedanken in die Welt hinauszuposaunen. Erst nur für uns gedacht, teilten wir unsere Leidenschaft dann doch mit einer größer werdenden Leserschaft. An dieser Stelle ein DANKE an alle, die erst uns – und nun mich – lesen. Wirklich! Ich sitze hier am Laptop und bilde mit den Händen ein großes Herz. Fühlt euch gedrückt.
Durch das Blog lernte ich das Schreiben noch mehr schätzen, erschuf Geschichten rund um Produkte, Outfits, Events. Ich wurde kritischer mit mir selbst und entschied mich schließlich für das Journalismus-Studium. Was mich – ihr könnt es euch vielleicht denken – nach Berlin führte.
Aber nicht direkt. Denn mein „Journalismus und PR“-Studium absolvierte ich an der Fachhochschule in Gelsenkirchen. Ich sage euch: Ich bin echt froh, Schalke-Fan zu sein. Ansonsten hätte mich diese sehr, sehr Ruhrpott-Klischeehafte Stadt wahnsinnig gemacht. Gelsenkirchen ist nicht gerade sehr attraktiv für Studis, aber wir haben es uns echt schön gemacht. Es war eine verdammt geile Zeit mit einem wirklich interessanten Studium. Ich lernte mit Photoshop, Illustrator und InDesign umzugehen, baute Websiten, büffelte mich durchs gefürchtete Medienrecht und erstellte verdammt viele Powerpoint-Präsis.
Drei Semester lang ging das so. Ich zog von Voerde nach Gelsenkirchen – nicht gerade der Nabel der Welt. Aber immerhin gute Pommes-Currywurst und der Lidl direkt neben der Wohnung. Mutti konnte sich also sicher gehen, dass ich nicht verhungere. Im vierten Semester belegte ich dann das Wahlfach „Boulevardjournalismus“. Und unser Dozent war damals Redakteur der BILD in Berlin. Ein halbes Jahr lang ließ er uns per Vorlesung hinter die „Kulissen“ von Europas größter Tageszeitung blicken. Für mich irre spannend, da sehr praktisch orientiert.
Am Ende des halben Jahres wurde uns Studis dann angeboten, ein Schnupperpraktikum bei der BILD in Berlin zu machen. GEIL, dachte ich. Vier Wochen Berlin, dazu noch mit einem coolen Kurzzeit-Job – WHY NOT. Ich bewarb mich also mit einer Reportage im Boulevard-Stil um einen der Plätze. Und zwei Tage später rief mich mein Dozent auf dem Handy an:
„Ey, Eileen. Planänderung. Komm mal am Wochenende nach Berlin.“
„Dieses? Öhm … eigentlich muss ich arbeiten?!“
„Wir machen das anders. Deine Reportage war echt gut. Ich hab‘ hier einen Job für dich in der Show-Redaktion.“
Und so nahm die Geschichte ihren Lauf. Ich muss erstmal sehr verdutzt meine Mama angesehen haben, die mit mir im Auto saß. NACH BERLIN? QUASI VON HEUTE AUF MORGEN?
Klingt irre. War es auch. Denn ich hatte zu diesem Zeitpunkt, im Frühling 2010, bereits zwei Jobs neben der Uni. Ich arbeitete als Freie Mitarbeiterin bei unserem Lokalradio in Wesel und abends arbeitete ich in unserem Lieblings-Club an der Theke oder an der Garderobe. Eigentlich also mehr als genug zu tun – da ich an freien Tagen ja auch noch das Blog fütterte.
Aber wisst ihr was? Ich habe nicht gezögert. Nicht eine Sekunde lang. Für mich war klar: Ich ziehe nach Berlin. Von jetzt auf gleich. Ohne jemanden dort zu kennen, ohne Wohnung, mit einem halb abgeschlossenen Studium in Gelsenkirchen. Und es war eine verdammt gute Entscheidung. Wenn auch sehr mutig. Was mir vor allem rückblickend klar geworden ist. Damals hatte ich so viel Adrenalin im Körper und plötzlich natürlich sehr viel zu organisieren, dass mir keine Zeit blieb, WIRKLICH darüber nachzudenken.
Ich kündigte innerhalb von zwei Tagen meine beiden Jobs, sprach mit den Professoren und zog nach Berlin in die WG, in der ich jetzt noch immer wohne. Meine beiden alten Mitbewohner leben hier nicht mehr, dafür gehört Toko (HALLO) zum Inventar und seit Juli wohnt auch Chiara (jup, die ohne Instagram) hier :). Ich hatte wirklich Glück, damals so schnell eine echt schöne WG in Kreuzberg zu finden, aber alles passiert halt aus einem Grund. Ich weiß noch, dass meine alte Mitbewohnerin in ihrer Anzeige schrieb, dass sie keine Zwiebeln mag. Da ich Zwiebeln wie die Pest hasse, war klar: Wir verstehen uns! Und so war es dann auch.
Das Problem war also nicht die Wohnung. Aber schon die Entfernung. Denn den Bachelor wollte ich trotzdem in sechs Semestern schaffen. Also pendelte ich. Drei Tage Uni pro Woche – vier Tage BILD. Sieben Tage Arbeit, keine freien Wochenenden mehr. Denn die verbrachte ich ab sofort immer in Berlin. Das ging ganz schön ins Geld (so Bahnfahrten sind leider auch mit BC50 noch teuer), aber das war’s mir Wert. Denn ich wusste: Ich will das durchziehen.
Eine Arbeitskollegin verriet mir vor nicht allzu langer Zeit, dass damals gewettet wurde, dass ich höchstens zwei Monate durchhalte. Ich glaube, ich habe nach über vier Jahren das Gegenteil bewiesen. Ich arbeite immer noch im Show-Ressort für BILD.de, erstelle diverse Artikel über Kim Kardashian, das Dschungelcamp, Festivals oder Verbal-Entgleisungen so mancher C-Sternchen. Und ich liebe es tatsächlich! Man muss diesen Trash-Kram schon lieb haben – aber ich strebe ja eh eine Adoption hinein in die Kardashian-Umlaufbahn an …
Jedenfalls pendelte ich ein Jahr von Gelsenkirchen nach Berlin, schaffte meinen Bachelor in sechs Semestern mit der Note 1.3 und zog dann endgültig nach Berlin. Wobei du das Mädchen zwar aus dem Dorf bekommst, aber das Dorf nicht aus dem Mädchen. Ich fahre alle zwei Monate heim, denn die meisten meiner Freunde leben einfach in NRW. Dazu natürlich meine Familie und Hundi, die ich schnell vermisse. Zuhause ist einfach mein Rückzugsort, wenn der Großstadt-Trubel seine Hipster-Selbstständigen-Rauchwolke mal wieder zu sehr in meine Richtung bläst.
Ob ich für immer hier in Berlin bleibe? Bei der BILD? Ich weiß es nicht. Auch nicht, wo ich in zehn Jahren stecke. Denn darüber mache ich mir keine Gedanken. Es wird schon alles gut werden. So, wie es sein soll. Everything happens for a reason.
*In freundlicher Zusammenarbeit mit Pilot FriXion Colors
12 Comments
Toll zu lesen Dein Text und spannend wie das Leben so läuft 🙂
Auf das „everything happens for a reason“ versuche ich auch zu vertrauen… Für mich ging es vor einiger Zeit von NRW nach Brandenburg, also eher aus der Großstadt in Kleinstadt, aber Berlin ist ja nah 😉
Brandenburg ist aber super schön, finde ich. Und ja wirklich ein Katzensprung von Berlin entfernt 🙂
Liebe Eileen,
ein toller Beitrag! Ich habe Berlin diesen Sommer auch kennen und lieben gelernt und wer weiß, vielleicht verschlägst mich nach dem Studium auch an die Spree!
HALLO!
😀 nur darauf gewartet hahaa. Beste Stelle!
Auch wenn DAS Blog für mich nie akzeptabel sein wird, ist das ein ganz großartiger Text und noch dazu irre spannend! Toll, dass du diese Entscheidung getroffen hast, denn das Leben und die Chancen muss man nun einmal einfach so packen, wie so kommen!
Eileen, schön zusammengefasst. Vieles passiert eben auf dem Weg, ohne größe Pläne. Gerne denke ich an das FSJ Kultur zurück. Und durch dich bin ich letztendlich für den Bachelor in Siegen gelandet und hatte dort tolle Jahre;)
Lese und sehe immer gerne, was du so treibst!
Liebe Grüße,
Lolle
Ich weiß noch, als du damals bei der Bild angefangen hast, Eileen. Find es sehr spannend, so mitzuverfolgen, wie dein Werdegang ist. danke für Teilhaben und Grüße an Toko!
2010 hab ich auch mit dem Bloggen begonnen, herrje ist das lange her.
Da hätte ich auch nicht gedacht, vier Jahre später bei Viacom zu landen und für MTV, VIVA, Comedy Central zu arbeiten.
Und wo bin ich jetzt? Fast mit dem Bachelor durch.
Wo ist die Zeit hin????
Hallo Eileen,
ich bin seit langer Zeit selbst am überlegen, mich räumlich zu verändern.
Vom niederbayrischen Dorf mit mehr Kühen als Einwohnern nach.. Berlin!
Ich fühle mich momentan als wäre mein Leben stehen geblieben und das Gefühl
habe ich leider schon viel zu lange. Aber um den Schritt zu wagen,
sind die Zweifel doch noch zu groß.
Danke für deinen Post! Du hast mir wirklich Mut gemacht, alleine in eine
Millionenstadt zu ziehen.. Zurück kann man ja eigentlich immer 🙂
Liebe Grüße,
Sarah
Hey Sarah,
das freut mich sehr zu lesen 🙂 Sag Bescheid, falls du noch Hilfe brauchst bzw. wenn du hier bist 🙂 Alleine bist du hier nie!
Ja, das Leben. Immer wieder für Überraschungen gut. Aber nur so bleibt es spannend und wird nicht langweilig. Viele Glück weiterhin!
so ein interessanter Post, Gratulation zu allem, was du gemeistert hast, liebe Eileen <3