Festivals sind mein zweites Zuhause. Seit 12 Jahren gehört mein Sommer den Musik-Spektakeln in ganz Deutschland. Zu „Rock am Ring“ 2008 stiefelte ich noch als absoluter Grünschnabel. Keine Ahnung von nix, aber maximal Bock auf das, was vor mir liegt. „Rock am Ring“ 2019 verbringe ich dieses Jahr mit deutlich mehr Erfahrung. Ich habe gefühlt schon alles auf Festivals erlebt (ich wurde sogar angepinkelt) und habe mir persönlich viele Tipps und Kniffe angeeignet, die ich gerne mit euch teilen möchte. Um euch vor riesigen Fettnäpfchen zu bewahren – und so ein paar Life-Hacks schaden schließlich nie.
P.S.: Ganz viele Tipps, Tricks und Erfahrungsberichte gibt’s auch in meinem Buch zu entdecken, dem “Festival Survival Guide”. Übrigens auch ein ganz nettes Geschenk (*hust*).
Pack‘ nur das NÖTIGSTE ein
Klingt simpel, daran hatte ich aber ganz schön zu knabbern. Ich als Mädchen packte jahrelang immer viel zu viel ein. Klamotten, Schminke, Equipment: Wenn du erstmal bei „Rock am Ring“ oder einem anderen Festival-Campingplatz hockst, überkommt dich ein kleiner Faulheits-Anfall. Du wechselst nicht 3x am Tag deine Klamotten, außer es giesst in Strömen und du wirst klitschnass. Vor allem willst du aus deinem Campingstuhl nicht aufstehen, weil jeder Gang zum Zelt ein Ganz zu viel ist. Ich selbst verschmelze tagsüber mit meinem Stuhl und lebe ein wenig in den Tag hinein (ein super Gefühl).
- Nimm statt der dicken Regenjacke einen zusammengefalteten Poncho mit
- Fülle Schnaps aus Glasflaschen schon Zuhause in alte Plastikflaschen um
- Rolle deine Anziehsachen zusammen, als sie zu falten. So spare ich immer Platz im Trecking-Rucksack
- Sortiere fürs Festival dein Schmink-Beutelchen aus. Da gibt’s bestimmt einiges, was du nicht brauchst. Mir reichen 1x loses Puder, 1x Bronzer, 1x Augenbrauenpuder, 1x Highlighter, 1x Lippenpflege und ein Lippenstift.
- Fülle Cremes, Lotions etc. wie beim Handgepäck in kleine Fläschchen um. Ich nehme stets mit: Shampoo, Conditioner und Duschgel für 2 Duschgänge, kleine Sonnencreme, Creme fürs Gesicht, Mizellenwasser und Wattepads
- Packe, wenn es der Platz zulässt, alle Pflegeprodukte und Arzneimittel zusammen in ein Beutelchen. Je mehr kleine Beutel, desto nerviger. Glaubt mir. Die verschwinden in schwarzen Löchern im Zelt und wenn du dringend ein Pflaster oder deine Kopfschmerztabletten brauchst, sind sie nicht da. Ich nehme immer nur einen Beutel für Schminke und einen etwas größeren für den Rest mit.
- Mir reichen für 6 Tage RAR zum Anziehen: 2 Kleider, 2 Hosen, 2 Pullis (ein Hoodie, eine Zipper-Jacke), eine Shorts, 4 Shirts, 1 Regenponcho, Jeansjacke, Schal und Mütze, dazu 1 Strumpfhose, 1x dicke Socken, 1x Sneaker, 1x Boots oder Gummistiefel, 1x Sonnenbrille und halt Unterwäsche und normale Socken für jeden Tag.
Denk’ an deine Powerbank
Strom auf Festivals? Mangelware. Es gibt auf einigen Campingplätzen zwar Strom-Stationen und auch auf dem Gelände kannst du dein Handy manchmal abgeben, um es aufladen zu lassen. Darauf würde ich mich aber nicht verlassen – UND (viel wichtiger) möchte ich mein Handy nich aus der Hand geben. Ich persönlich knipse ja reportermäßig viele Fotos und erstelle Videos, so dass ich nicht aufs Smartphone verzichten will. Also lade ich VOR der Reise Zuhause schon meine externen Akkus auf. Die nehmen nicht viel Platz im Rucksack weg und sind wahre Lebensretter. Für 6 Tage RAR schnappe ich mir 3 Powerbanks, für Festivals, wo ich „nur“ 2-4 Tage bin, reichen auch zwei. Hauptsache, sie haben genug Leistung.
- Empfehlen kann ich externe Akkus mit mindestens 20.000 mAh. Ich bestellte immer via Amazon und kaufte zuletzt die Marken Anker und Poweradd (rund 30 Euro pro Gerät).
- Nehmt lieber 2 Aufladekabel mit, falls ihr mal eins verliert und eins seinen Geist aufgibt. Habe ich alles schon erlebt.
Die Festival-Apotheke
Da mein Magen gerne verrückt spielt und super sensibel ist, verzichte ich auf Festivals sowieso von vorn herein auf Essen und Getränke, die mir nicht bekommen. Heißt: Kein Glutamat-Essen mit viel Kohl, keine Sahne-Getränke oder viel Milch, keine Säfte mit viel Fruchtzucker. Damit fahre ich schon sehr gut und meiner Verdauung geht es meistens gut.
Welche Mittelchen nehme ich mit?
- Pflaster (wasserdicht, kleine und größere Streifen statt eines Pflasters am Stück – denn eine Schere ist meistens nicht griffbereit)
- 2 Blasenpflaster und 2 Herpespflaster (sicher ist sicher)
- Kopfschmerztabletten und Tabletten gegen Magen-Darm (gibt kaum etwas Schlimmeres auf Festival-Klos)
- Mückenstich-Gel (ein kleiner SOS-Stift aus dem Drogeriemarkt reicht)
- Sonnencreme (kleine Tube mit LSF 30 reicht mir, vor allem die Tattoos immer gut eincremen bei Sonne)
- Nasenspray (ihr glaubt gar nicht, wie oft die Nase zu ist auf so einem staubigen Festival)
- Kleine Feuchttücher, je kompakter und platzsparender, desto besser (gibt es meist in der Drogerie in dem Gang mit den Reisegrößen)
- Desinfektionsgel (Stichwort Camping-Toiletten)
Denkt an Musik auf dem Weg zum Festival
Nichts ist abturnender, als die falsche Musik auf dem Weg zum Festival. Die Radio-Charts inklusive Werbung willst du verdammt noch mal nicht hören, während du gerade auf dem Weg zum Rock-Festival bist. Meine Freunde und ich brennen uns jedes Jahr eine neue CD, vollgepackt mit unserer Lieblingsmusik (oder, falls euer Auto das kann, einfach Handy per Kabel ans Auto anschließen. Meine Karre ist leider nicht so fortschrittlich ausgestattet). Meistens ein Mix aus Trash, Teenager-Pop (High School Musical MUSS vertreten sein), 90er-Mukke und den Bands, die auf den jeweiligen Festivals auftreten.
Teste dein Equipment vorher
Zelt, Schlafsack und Isomatte bilden auf dem Festival dein neues Zuhause. Eine Freundin von mir verschönert ihr Zelt zum Beispiel mit Duftbäumchen und packt Bettlaken ein. So Next-Level brauchst du nicht sein. Am wichtigsten ist, dass dein Zelt wasserdicht und sturmsicher ist.
Um sicherzugehen, dass diese Bedingung erfüllt ist, VOR der neuen Festival-Saison das alte Equipment testen. Sind noch alle Heringe da? Ist das Zelt dicht? Schimmelte es vielleicht in seiner Verpackung, weil es beim Zusammenpacken noch nass war und du es nicht gelüftet hast? Geht der Reißverschluss vom Schlafsack? Ist der Campingstuhl ganz oder bricht er direkt beim Angucken auseinander? Glaubt mir: Ihr wollt diese Macken nicht erst auf dem Campingplatz feststellen und euch dann ärgern. (Kleines Trostpflaster: Auf vielen Festivals gibt es mittlerweile Supermärkte, die auch Equipment anbieten).
Der Notfall-Müllbeutel
Werde ich nach DEN Festival-Gadget gefragt, antworte ich immer: Trockenshampoo, Müllbeutel und Panzertape. In bester MacGyver-Manier bastelst du dir aus den letzten beiden Dingen alles, was du zum Überleben brauchst. Gaffa dichtet im Zweifel Löcher am Zelt ab, damit flickst du deine Schuhe, klebst auch gern mal den Mund von nervigen Nachbarn zu und kannst kaputte Stangen am Pavillon richten. Und mit etwas Geschick ist eine Girlande für die Optik auch drin.
Aus reißfesten (!) Müllbeuteln (etwa 3 pro Festival packe ich Zuhause in den Rucksack) werden bei Regen die besten Ponchos. Eine Mülltüte kannst du mit Wechselklamotten füllen und im Auto oder im Zelt lassen. Wenn du pitschnass vom Gewitter bist oder dich betrunken voll in den Matsch legst, bist du froh, dich umziehen zu können.
In meinen Notfall-Müllbeutel gehören:
- lange Hose
- warmer Pulli
- kleines Handtuch
- dicke Socken
- Turnschuhe
- Mütze
- 1x neue Unterwäsche
Trockenshampoo
Ich gebe zu: Ohne Trockenshampoo, ohne mich. Mein persönlicher, heiliger Beauty-Gral. Das kleine Mittelchen, mit dem meine Haare wieder etwas frischer aussehen, wenn sie von Regen, Wind (!!) und sonstigen Wetter-Ergüssen aussehen, wie sau. Vor allem Mädels mit einem Pony wissen vermutlich, was ich meine – wenn die Fransen mal wieder an der Stirn kleben, statt locker darüber zu schweben. Trockenshampoo rettet auch meinen kletschigen Ansatz, wenn die Nacht im Zelt mal wieder ungemütlich und wuselig war. Eine Reisegröße reicht übrigens. Natürlich gehe ich auch duschen (1 oder 2x, je nach Länge des Festivals) – aber Trockenshampoo brauche ich trotzdem fast täglich. Zumindest 2-3 Spritzer für Ansatz und Pony.
Anfängerfehler vermeiden
Folgende Tipps kann ich euch sehr ans Herz legen (alles schon getestet und durchgespielt)
- Reist nicht ohne Campingstuhl an (das Ding wird quasi mit eurem Hintern verschmelzen)
- Spart nicht am Wasser (ja, Bier ist immer verlockender, aber mindestens 1 Liter pro Person pro Tag sollte drin sein)
- Bierchen sollte immer griffbereit sein. Macht nicht den Fehler und lasst eine Palette im Auto, denn „ach, die holen wir die Tage“. Dazu wird es wegen Faulheit nicht kommen – und wenn, dann nur unter großem Gejammere und Gemaule
- Bloß keinen Rollkoffer einpacken (Treckingrucksäcke sind das A und O, so habt ihr beide Hände frei und Rollen vom Koffer würden euch bei dem Bodenbelag vor Ort eh abfliegen)
- Traut dem Wetterbericht nicht! (Auch wenn erst drei Tage Sonne pur angekündigt waren, kann das krasseste Gewitter aufziehen – packt also entsprechend für alle Wetterlagen Klamotten ein)
- Nicht zu nah an den Dixi-Klos zelten! (ihr wollt weder diesen Geruch das ganze Wochenende in der Nase haben, noch irgendwann in einem Pipi-See aufwachen. Und das wird zwangsläufig passieren, denn Typen pinkeln auch gerne mal ans, statt ins Dixi)
Große Gruppe = Mottoparty
Ihr reist mit einer größeren Gruppe an? Dann schmeißt doch einfach eine Mottoparty auf dem Zeltplatz für euch. Einziger Haken: Schon VOR dem Festival müsst ihr euch natürlich ein paar Gedanken dazu machen. Wir haben beispielsweise die „Olympischen Spiele“ ein RAR-Jahr ins Leben gerufen: Jeder von uns hatte Sportklamotten dabei und einen Tag lang liefen nur in diesem Aufzug über den Zeltplatz. Wir hatten eine Flagge dabei, haben uns (Sauf-)Spiele ausgedacht und sogar selbst gebastelte Medaillen aus zerdrückten Bierdosen am Start. Vertreibt die Langeweile, sieht super aus, macht neue Freunde und bietet Gesprächsstoff.
Im Zweifel einfach lieb schnorren
Auch mir fällt Jahr für Jahr auf dem Campingplatz auf, dass ich doch etwas vergessen habe. Aber das macht meistens nix. Denn auf Festivals sind die Menschen unfassbar freundlich und hilfsbereit. Man gibt auf einander Acht – also auch auf Fremde, die neben einem ihr Zeltlager aufbauen. Chiara und ich schnorren uns meistens Hammer und Luftpumpe, da wir beides selten dabei haben (oder der Hammer mitten beim Heringe-Reinschlagen kaputtgeht – alles schon passiert) und fragen auch oft wenn wir nur zu zweit irgendwo campen, ob ein paar Leute uns beim Pavillon-Aufrichten kurz zur Hand gehen können. Einfach über den Zeltplatz laufen, lieb (!) um Hilfe bitten und den Nachbarn ein Bierchen anbieten im Gegenzug für das, was ihr gerade benötigt oder euch ausleihen wollt. Dieses Tauschgeschäft macht auch gleich neue Freunde. Und bisher hat der Plan IMMER geklappt. Bedeutet natürlich auch umgekehrt, dass ich absolut gerne bereit bin, anderen Menschen zu helfen. Da siegt Zusammenhalt stets über die eigene Faulheit.
1 Comment
Ein sehr schöner Beitrag. Kann den meisten Dingen zustimmen. Besonders gut gefällt mir dein Notfall-Müllbeutel. Der hätte mir letztes Jahr auf dem Tomorrowland sehr viel Freude gemacht, da wir da wirklich ekelhaftes und vor allem nasses Wetter gehabt haben. Und der letzte Abschnitt passt auch, auf einem Festival bzw. Campingplatz sind alle Leute hilfsbereit, sofern du nicht nach deren Leber fragst, weil die brauchen sie selber. 😉